Zum Jahresende geht Eberhard Lasch im Alter von 65 Jahren in den Ruhestand.
Im März 1976 hat er bei der Firma Seidenspinner in Möhringen als Auszubildender im Garten- und Landschaftsbau angefangen.
Grund genug, Eberhard über seine vielen Jahre im Berufsleben zu interviewen. Wie alles begann und wie er überhaupt zu dem Ruf des Pflanzenexperten kam.
Bevor ich zur Firma Seidenspinner kam, belegte ich in der Fachhochschule Nürtingen ein Agrarstudium.
Nach dem 6. Semester wollte ich dort weg, weil ich keine berufliche Perspektive für mich sah.
Dennoch habe ich noch 2 Praxissemester auf einem landwirtschaftlichen Gutshof (Großbetrieb) absolviert, was den Entschluss das Studium aufzugeben noch verstärkt hat.
Mit 23 Jahren führte mich mein Weg dann erstmal zur Berufsberatung Stuttgart.
Bei der Berufsberatung in Stuttgart fühlte ich mich gut beraten und mir wurde ein Ausbildungsplatz als Landschaftsgärtner bei der Firma Seidenspinner vermittelt.
Dort im Kreis von Familie Seidenspinner und Kollegen angekommen, habe ich mich sehr wohl gefühlt. Es ging familiär zu.
Die Lehrjahre unter Jörg Seidenspinner gingen 2 Jahre. Nach der Lehre wurde ich in den Betrieb als Landschaftsgärtner übernommen.
Bis Ende 1981 war ich bei der Firma Seidenspinner tätig. Bald schon wurde ich Vorarbeiter. Damals waren bei der Firma Seidenspinner ca. 12 – 15 Mitarbeiter beschäftigt.
Aus dieser Zeit kenne ich noch heute etliche Ex-Kollegen und habe sogar noch Kontakt zu meinem damaligen Ausbildungsmeister.
Der Stil aus der damaligen Zeit mit Pflanzen zu arbeiten und diese zu arrangieren – Vielfalt statt Langweile, blühender Kontrast über das ganze Jahr – hat bis heute meine Arbeit geprägt.
1967 GalaBau Messe Stuttart auf dem Killesberg – zarter Beginn des Maschinenzeitalters
t
Von Herbst 81 bis Frühjahr 82 ging ich dann auf die Meisterschule nach Stuttgart Hohenheim.
Kurz vor Ende der Meisterschule kam die Nachricht, eine kleine Firma in Stuttgart Degerloch sei zu übernehmen.
Diese Gelegenheit nahm ich wahr. Der damalige Inhaber war verstorben und die Firma Konath wurde veräußert.
Jörg Seidenspinner hat mich in dieser Zeit sehr unterstützt. Trotz der ehemaligen Vereinbarung, nach der Meisterschule in den Betrieb zurück zu kommen, stand er mir wohlwollend und mit Insider Tipps zur Seite.
t
Bis 1992 führte ich die Geschäfte der Firma Konath, Inhaber Eberhard Lasch. Das Geschäftsmodell waren Gartenpflege und Neuanlage von Privatgärten. Eine erfüllende, aber sehr anstrengende Zeit.
Nach 10 Jahren mit einem 10-Stunden-Tag von Montag bis Samstag und zusätzlicher Bürozeit am Sonntag war sowohl meine Gesundheit als auch das Familienleben angeschlagen.
Zugunsten der Familie und der Lebensqualität habe ich meine Firma dann 1992 aufgelöst.
Wie es im Leben so spielt. Geht eine Tür zu, geht eine andere auf.
Eines Tages an DER Shell Tankstelle in Möhringen (wo alle Landschaftsgärtner tankten) traf ich meinen Ex-Chef Jörg Seidenspinner.
Wir unterhielten uns. Ich erzählte, dass ich mich mit dem Gedanken trage, etwas anderes zu machen. Jörg Seidenspinner lud mich zu einem Gespräch in sein Büro ein.
Er spielte damals mit dem Gedanken, dass er aus gesundheitlichen Gründen beruflich kürzer treten möchte und die Geschäfte an seinen Sohn Hans-Jörg Seidenspinner, damals noch im Studium der Betriebswirtschaft, übergeben wollte. Dafür suchte er kompetente Unterstützung.
Kurz und gut. Wir wurden uns schnell einig. Ich habe meine Firma aufgelöst und ging als Bauleiter zurück zur Firma Seidenspinner.
Damals waren ca. 15- 18 Mitarbeiter bei der Firma Seidenspinner beschäftigt. Das Auftragsvolumen war allerdings durch die Grünanlagen GmbH höher.
In den 60er Jahren wurde mit anderen Garten- und Landwirtschaftsbetrieben diese Grünanlagen GmbH Stuttgart gegründet. Geschäftsführer waren Jörg Seidenspinner und Hans Wagner, worüber größere Projekte wie z.B. Schulen und Sportplätze gemeinsam realisiert wurden.
Im September 1992 kam ich wieder zur Firma Seidenspinner zurück. Zu dieser Zeit liefen die Vorbereitungen für die IGA 93 (Internationale Gartenausstellung Stuttgart). Bis Frühjahr 1993 (Start der IGA) wussten wir kaum, wo Leute hernehmen, weil so viel zu tun war. Alle Kapazitäten waren dort gebunden.
Dann kam die Eröffnung der IGA und die Kapazitäten waren plötzlich wieder frei. Leider hatte keiner nach Folgeaufträgen geschaut. Eine „Saure-Gurken-Zeit“ brach an mit dem Hauptziel Auftragsbeschaffung.
Kaum wurde ein Auftrag an Land gezogen, erschien man schon am nächsten Tag dort zur Arbeit.
Anfang/Mitte der 90er Jahre wurde auch die Grünanlagen GmbH aufgelöst, nachdem sich die damaligen Inhaber altersbedingt aus dem operativen Geschäft zurückzogen.
Im Sommer 1994 gab es noch eine große Abschieds- und Geburtstagsfeier von Jörg Seidenspinner mit allen Mitarbeitern und der Garten- und Landschaftsprominenz aus Stuttgart. Jörg Seidenspinner verkündete dort offiziell die Übergabe der Firma Seidenspinner an seinen Sohn Hans-Jörg Seidenspinner.
Hans-Jörg Seidenspinner und Sonja Seidenspinner – beide frischgebackene Betriebswirte, seit kurzem verheiratet und Eltern – übernahmen also die Firma.
Mit Hans-Jörg und Sonja Seidenspinner zog das Computer Zeitalter ein. Man muss sich das so vorstellen: Damals gab es ein Büro mit einer elektrischen Schreibmaschine, einem Faxgerät, ein Kopierer und einer Festnetztelefonanlage.
Die Kolonnen draußen hatten ein Funkgerät im Auto und konnten mit dem Büro kommunizieren, sofern man eine Verbindung am Standort bekam. Manchmal musste man sogar mit seinem Auto den Ort wechseln um sich eine gute Funkverbindung zu suchen. Wenn man Glück hatte, haben andere nicht zur gleichen Zeit gefunkt.
Nun kamen die ersten großen Investitionen in Richtung Computer und EDV. Ein großer Schritt in Richtung Modernisierung und ein neues Zeitalter brach an.
Hans-Jörg Seidenspinner, technisch interessiert, hatte damals schon in seinem Golf ein Mobiltelefon. Ein großes, schweres Teil. Kompliziert zu bekommen und mit Aufwand zuzulassen. Das hatten damals noch ganz wenige Menschen.
Alle MA im Büro bekamen einen PC. Dies war mein Einstieg in die Welt der Computer und eine neue Ära begann.
Man setzte dann auf Keil & Co damals DAS Garten- und Landschaftsbauprogramm. Modern und umfangreich.
Projekte wurden nun elektronisch angelegt und elektronisch kalkuliert. Die Abrechnung und die Lohnbuchhaltung waren darüber möglich. Zu der Zeit sehr fortschrittlich.
Die Firma wuchs und wuchs. Der Maschinenpark wurde vergrößert, neue Mitarbeiter wurden eingestellt.
Der Geschäftsbereich wurde erweitert. Wir waren nun nicht mehr ausschließlich im Privatbereich tätig, sondern zogen zunehmend größere und umfangreichere Projekte an Land. Aus dem öffentlichen Bereich kamen ebenfalls neue Aufträge. Ein Auftragsvolumen für ein Projekt über ca. 250.000 DM war damals ein großer Brocken.
Weitere Anschaffungen kamen. Ein großer Bagger, ein Radlader, neue Kleintransporter und viele zusätzliche Geräte.
Die Firma wurde somit stetig größer.
Als J. Becker dann 1998 zur Firma Seidenspinner kam, gewann man einen Mitarbeiter, der sich mit EDV auskannte und der EDV-Bereich wurde weiter ausgebaut. Zudem wurden Projekte nun vorkalkuliert.
Von 3 Bauleitern wurde aufgestockt auf 4 Bauleiter, schließlich 5 Bauleiter. Wachstum war auf allen Ebenen angesagt. Es gingen Mitarbeiter und es kamen neue Mitarbeiter. Der Grundstamm damals waren so ca. 60 Mitarbeiter. Eine bewegte Zeit. Portugiesische und türkische Mitarbeiter waren oft bei Baufirmen beschäftigt, auch zur meiner Lehrzeit gab es schon etlich Südeuropäer bei Seidenspinner.
Eine lustige Story aus dieser Zeit
Konstantino stammte aus Portugal und wurde als Gastarbeiter nach Stuttgart vermittelt, weil er in seiner Heimat als „Spinnereiarbeiter“ tätig war und die Vermittlungsstelle mit einem Spinnereiarbeiter nichts Besseres anzufangen wusste, wurde er zur Firma Seidenspinner vermittelt. Nomen est omen.
Obwohl hier keine Seide gesponnen wurde, war Konstantino ein talentierter Plattenleger und Steinarbeiter, der dann sogar bis zur Rente bei der Firma Seidenspinner arbeitete. Selbst sein Sohn war lange Zeit bei der Firma Seidenspinner tätig.
Beruflich habe ich mich auf Privatgärten, Pflege, Pflanzen und Neuanlage von Privatgärten fokussiert.
Ich kannte viele Privatkunden und habe zudem Privatkunden von meiner damaligen Firma übernommen.
Das Privatkundengeschäft lief gut. Über die vielen Jahren und mit steigender Erfahrungen bekam ich den Ruf des Pflanzenexperten. Fragen der Kunden als auch Kollegen rund um und über Pflanzen sowie deren Schädlinge und Krankheiten landeten oft bei mir.
Januar 2000 zog die Firma dann vom Dornröschenweg in den „Wolfhof“ (heute Lohäckerstr. 25).
Da, wo heute die Werkstatt ist, war damals der Stall. Der Aufenthaltsraum war die Geräteremise. Nach und nach wurde um- und ausgebaut bis zum heutigen Zustand.
Ein weiterer technologischer Sprung war der Softwarewechsel zu BRZ, eine andere Liga in der Bauwirtschaft.
Aufträge kamen stetig, es wurde viel gearbeitet. Die Firma wuchs weiter. Selbst in den Krisenjahren 2008 bis 2010 war im Gartenbaubereich bei der Firma Seidenspinner kaum eine Konjunkturabschwächung zu spüren.
Von 2006 bis 2017 organisierte ich die Beschaffung und Aufstellung der großen Weihnachtsbäume für den Stuttgarter Weihnachtsmarkt.
Modernisiert wurde stetig, sowohl technologisch als auch im Maschinenpark. Selbst die Gebäude wurden mit Kabeln, Funk und moderner Technik versehen.
Dieser Wandel in all den Jahren, in der ich bei der Firma Seidenspinner tätig war, hat uns ins heutige Zeitalter katapultiert. Heute geht alles über Computer, wir sind hoch vernetzt, die Kommunikation läuft über Handy und der Datenaustausch geht in rasantem Tempo voran.
Als ich anfing, arbeiten wir noch mit Schaufel, Pickel, Spaten, Schubkarren, handgeschriebenen Plänen, Arbeitsanweisungen und Aufmaßen!
Im Frühjahr 2018 trat Moritz Seidenspinner, der Sohn von Sonja und Hans-Jörg Seidenspinner in die Firma ein.
Für mich ist das nun die 3. Seidenspinner Generation und ein schöner Übergang in meinen Ruhestand.
Aller guten Dinge sind 3 und so gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
Die Arbeit hier hat mir Spaß gemacht und ich bin gerne zur Arbeit gekommen.
Es ist spannend bis zum Schluss.
Vielen Dank Eberhard für das spannende Interview.
(c) Bilder Eberhard Lasch und Firma Seidenspinner